Das Webspecial „Light the Dark“, das wir gemeinsam mit Saatchi & Saatchi für Amnesty International entwickelt und umgesetzt haben, hat weltweit überwältigende Resonanz gefunden. Folterszenen in einem dunklen Keller, den die Besucher der Website durch eine Lichtquelle erhellen und so den Täter vertreiben konnten. Zusätzlich konnten sie virtuelle Kerzen entzünden und mit dem eigenen Namen markieren.
Amnesty International setzt sich weltweit gegen Folter ein und bittet dafür um Unterstützung. Dazu muss das Problem einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht werden und es müssen Wege aufgezeigt werden, wie der Einzelne aktiv werden kann. Um möglichst viele Menschen zu erreichen, bieten sich digitale Kanäle an – aber wie erreicht man genügend Aufmerksamkeit? Der Clou des Webspecials besteht darin, dass wir den eigentlichen Weg quasi umgedreht haben. Statt digital dazu aufzurufen, real aktiv zu werden, fordern wir dazu auf, in der realen Welt aktiv zu werden, um das Anliegen digital bekannt zu machen: mit einer echten Lichtquelle, die das digital simulierte Geschehen beeinflusst.
Besucher des Webspecials finden sich in einer bedrückenden Szenerie wieder – einem Folterkeller. Sie hören Schreie und Schmerzenslaute. Sie sehen nicht woher. Natürlich nicht, Folter geschieht im Verborgenen. Dann werden sie aufgefordert, vor ihrer Webcam ein Licht zu entzünden. Daraufhin fällt ein Lichtkegel in den Raum. Er muss gesteuert werden, um die tatsächliche Folterszene zu beleuchten. Sobald dies geschieht, flieht der Täter.
Der Besucher hat nun die Möglichkeit, eine Kerze zu entzünden, mit seinem Namen und seinem Herkunftsland zu versehen und auf einer Treppe zu platzieren. Er bleibt nicht anonym, er hat ein Zeichen gesetzt.
Wir haben die Funktion der Webcam umgekehrt, indem wir sie genutzt haben, um die Szenen der Website zu zeigen, nicht die Szenen vor der Kamera. Dazu musste die Lichtquelle auch bei Tageslicht erkannt und verfolgt werden können.
Das Anzünden der Kerze ließ sich live auf der Website verfolgen. Wenn jemand anderes sich zur selben Zeit auf der Website bewegt hat, konnte man dessen Handlungen live miterleben.
Es war wichtig, dass die Szenen authentisch und überzeugend wirkten – denn nur so konnten sie ihre Wirkung entfalten. Daher haben wir zunächst lange nach einer geeigneten Location gesucht und sind schließlich in einem alten Fabrikkeller in Frankfurt a. M. fündig geworden. Dort haben wir die unterschiedlichen Szenen professionell gedreht, bzw. drehen lassen.
Damit das Webspecial auch nach dem ersten Besuch noch seine Wirkung entfalten konnte, war es außerdem wichtig, unterschiedliche Szenen zu zeigen. Wir haben also fünf verschiedene Szenen gedreht und sie bei einem Besuch der Seite zufällig anzeigen lassen: auf einem Stuhl sowie 2 x stehend und 2 x kniend. Das stimmungsvolle Intro und die überzeugende Sounduntermalung haben die bedrückende Wirkung unterstützt.
Das Webspecial hat Wirkung gezeigt. Die Illusion eines brutalen Verbrechens wurde erreicht, das eigene Eingreifen als zielführend empfunden. Nicht zuletzt durch die Einbindung von Social Media ist es uns gelungen, wirklich viele Menschen dazu zu bewegen, zumindest digital ein Zeichen zu setzen: über 25.000 Menschen aus mehr als 80 Ländern haben sich beteiligt, eine Kerze entzündet und so digital die Petition gegen Folter unterschrieben. Diese Zahlen sind besonders beeindruckend, wenn man bedenkt, dass die Zielvorgabe lediglich bei 2.500 Menschen lag.
Es ist uns gelungen, durch unser Webspecial tatsächlich etwas Wichtiges zu erreichen: nämlich eindringlich auf die Gegenwärtigkeit und Relevanz von Folter hinzuweisen und jede Menge Unterschriften zu sammeln, die sich dagegen aussprechen. Das hat zurecht Preise gewonnen: den Epica Silver, den London International Bronze Award, den Onlinestar Bronze Award, den cresta international advertising award, den DOPE Award, den Designklicks Site of the Day und den Webdesign Award. Auch in verschiedenen Büchern und Zeitschriften wurde über das Webspecial berichtet.